EU streitet über Kooperationsangebot an Moskau

von Eric Bonse

Vier Wochen nach der Wahl von Dmitrij Medwedjew zum russischen Präsidenten streitet die Europäische Union über ein Kooperationsangebot an Moskau. Nach Polen blockiert nun auch Litauen Gespräche über ein Partnerschaftsabkommen mit Russland – vor allem die Energieversorgung und eine mögliche Nato-Mitgliedschaft Georgiens sorgen für Spannungen.

BRÜSSEL. Geplant ist, Medwedjew bei dessen Amtsantritt im Mai Verhandlungen über ein neues Partnerschaftsabkommen mit der EU anzubieten. Bisher sind diese Verhandlungen an einem Veto Polens gescheitert. Der neue polnische Ministerpräsident Donald Tusk will das Veto zwar in den nächsten Tagen aufheben. Doch nun tritt Litauen auf die Bremse. Auch andere Staaten haben Vorbehalte gegen ein Abkommen mit Moskau angemeldet.

Litauen fordert, die EU müsse sich stärker um die Sicherheit der Energieversorgung aus Russland kümmern. Für Ärger in Vilnius sorgt vor allem, dass die Regierung in Moskau wiederholt die Öllieferungen durch die „Druschba“-Pipeline unterbrochen hat. Vilnius fordert von Moskau zudem, den Fall eines litauischen Geschäftsmanns aufzuklären, der vor einem Jahr spurlos verschwunden war. Angeblich soll der Mann von der russischen Mafia entführt und getötet worden sein. Die russischen Behörden hätten sich nicht kooperativ gezeigt, hieß es in Vilnius. Deshalb müsse sich nun die EU einschalten.

Litauen stehe mit seiner Kritik nicht allein, hieß es am Dienstag in Brüsseler EU-Kreisen. Auch andere osteuropäische Staaten fordern, das Verhandlungsmandat der EU-Kommission um eine Klausel zur Energieversorgungssicherheit zu ergänzen. Kritik gibt es auch an Demokratie und Menschenrechten in Russland. Die meisten EU-Staaten hatten die Wahl Medwedjews Anfang März kritisiert. Sie fordern nun, Gespräche mit Moskau zu nutzen, um Druck auf die Regierung auszuüben.

Der Streit könnte das Treffen der EU-Außenminister am Wochenende in Brdo (Slowenien) überschatten. Dort ist eine Grundsatzdebatte geplant. Während die Kritiker die Diskussion zu einer Generalabrechnung mit Russland nutzen wollen, möchte der slowenische Ratsvorsitz den Weg für das geplante neue Partnerschaftsabkommen frei machen. Es soll eine Vereinbarung aus dem Jahr 1997 ersetzen und rechtsverbindliche Klauseln zur Energieversorgung enthalten. Auch Reise- und Handelserleichterungen sind geplant.

Ursprünglich hatten die Verhandlungen bereits vor einem Jahr beginnen sollen – unter deutschem EU-Vorsitz. Damals legte jedoch Polen wegen eines Streits über Fleischexporte nach Russland sein Veto ein. Seit dem Regierungswechsel in Warschau scheint diese Krise beigelegt. Das polnische Veto sei praktisch vom Tisch, sagte eine EU-Sprecherin. Eine entsprechende Aussage Tusks müsse nur noch „formalisiert“ werden. Es gehe darum, den „neuen Schwung“ zu nutzen, der durch die Wahlen in Polen und Russland entstanden sei.

Der Ausgang des Außenminister-Treffens sei völlig offen, warnte hingegen ein Experte der EU-Kommission. Polen habe sich eine Hintertüre offen gelassen, die Aufhebung des Vetos sei „noch nicht hundertprozentig“. Vielmehr wolle Warschau den Ausgang der EU-internen Strategie-Debatte abwarten. Auch das geplante Kooperationsangebot an Medwedjew sei „noch nicht in trockenen Tüchern“, warnte der Experte. Wenn sich die 27 EU-Staaten in Brdo nicht einigen, könne sich der für Juni geplante Start der Verhandlungen erneut verzögern.

Zusätzlich belastet wird die Russland-Debatte durch den Streit über eine mögliche Nato-Mitgliedschaft Georgiens. Die EU-Außenminister haben in dieser Frage zwar nicht das letzte Wort. Sie wird beim Nato-Gipfel Anfang April in Bukarest entschieden. Polen, Litauen und andere osteuropäische Staaten machen jedoch keinen Hehl daraus, dass sie die von den USA geforderte Nato-Perspektive für Georgien unterstützen. Deutschland und Frankreich sind strikt dagegen.

Auch Russland lehnt einen Nato-Beitritt Georgiens ab. Derartige Schritte könnten die Sicherheit in Europa gefährden, erklärte Medwedjew in einem Interview der „Financial Times“. „Kein Staat kann darüber erfreut sein, dass Vertreter eines Militärblocks, zu dem er selbst nicht gehört, dicht an seine Grenzen heranrücken“, sagte er.