Die größte Finanzmarkt- krise seit dem Zweiten Weltkrieg sorgt für Angst, Panik und Irritationen. Der Ruf nach Konsequenzen wird immer lauter. Im Mittelpunkt steht dabei die Forderung, verantwortungslosen Finanzgeschäften schamloser Manager einen Riegel vorzuschieben, indem diesen eine Haftung mit ihrem Privatvermögen auferlegt wird. Ein solcher Vorschlag ist Wind auf die Mühlen verärgerter Bürger und macht sich in diesen Tagen gut. Doch hilft er uns wirklich weiter? Es bleibt die Frage: Populismus oder berechtigte Forderung?
Fakt ist: Es gibt bereits eine Haftung von Vorstandsmitgliedern, und zwar in § 93 Absatz 2 des Aktiengesetzes. Dabei handelt es sich jedoch um eine reine Innenhaftung, die nur der Gesellschaft die Möglichkeit einräumt, Vorstandsmitglieder wegen Pflichtverletzungen in Anspruch zu nehmen. Eine Außenhaftung gegenüber Dritten, also Anlegern, ist dagegen nicht vorgesehen. Fakt ist aber auch, dass im Jahre 2004 der damalige Bundesfinanzminister Eichel (SPD) einen Gesetzentwurf vorgelegt hat, der eine solche Außenhaftung vorsah. Das Vorhaben scheiterte am Widerstand von Union und FDP und damit am Lobbyistentum der Wirtschaftsverbände. Nun da das Kind in den Brunnen gefallen ist, stellen sich die Frage erneut: Ist eine Außenhaftung sinnvoll und ist sie auch gerecht?
Sinn und Zweck der Einführung einer Außenhaftung erhellen sich leicht. Wer am Ende mit seinem Privatvermögen gerade stehen muss, wird es sich dreimal überlegen, ob er ein risikoreiches Finanzgeschäft ohne hinreichende sachliche Legitimation eingeht. Das mag vordergründig gesehen eine gewisse Lähmung der Finanzmärkte bedeuten, bringt andererseits aber nur etwas Selbstverständliches zum Ausdruck: Wer mit fremder Leute Geld umgeht, sollte stets genau wissen, was er tut. Weiß er es nicht, muss er die Konsequenzen tragen. Und deshalb ist es auch konsequent, dass Manager ihre Schadensersatzverpflichtung nicht auf Versicherungen sollen abwälzen können – genau dies sah daher richtigerweise auch der Gesetzentwurf aus 2004 vor.
Bliebe noch die Frage nach der Gerechtigkeit. Schließlich neigt man in der allgegenwärtigen Frustration zu Überreaktionen und fordert Konsequenzen ein, die über das Ziel hinausgehen. Doch auch hier liegen die Dinge geradezu erfrischend einfach. Manager rechtfertigen ihr hohes Salär in der Regel auch mit der Verantwortung, die ihre Tätigkeit mit sich bringt. Das kann man tun. Dann aber muss man auch so konsequent sein und die Kehrseite der Medaille betrachten: Wer sich der Verantwortung rühmt, muss sich dieser auch stellen.
Im Übrigen ist dies eine Forderung, die man unter umgekehrten Vorzeichen auch auf eine ganze andere Berufssparte anwenden sollte, nämlich die der Ärzte. Ärzte wissen, was es heißt, Verantwortung zu übernehmen. Sie kennen die Risiken, die die Übernahme von Verantwortung mit sich bringt, ohne dafür im Regelfall eine angemessene finanzielle Abgeltung zu erhalten. Anders als (bislang noch) die Wirtschaftsmanager – aber die haben das, was Ärzten fehlt: Eine starke Lobby!
Verfasst von Patrick
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