Das Ende des Estland-Booms

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Inflation, Immobilien-Misere, Konsumboykott – nach Jahren des ungebremsten Wachstums geraten jetzt auch vormalige Boom-Regionen in Osteuropa in die Krise. Besonders betroffen ist die Baltenrepublik Estland.

Wer in Estland etwas auf sich hält, kauft eine Immobilie in Merirahu. Die Wohnung in dem exklusiven Quartier nahe der Hauptstadt Tallinn können sich nur die ganz Reichen leisten. Ein schmiedeeiserner Zaun trennt die Auserwählten von den übrigen Esten. Kameras überwachen ungebetene Gäste. Im lichten Kiefernwald hingewürfelt sollen hier Häuser von skandinavischer Eleganz entstehen. Viel Holz, große Fenster, ein eigener Yachthafen ist in Planung.

Doch noch macht sich die Hautevolee rar. Nur ein Bruchteil der Häuser auf dem edlen Areal ist fertig. Überall gähnen leere Fensterhöhlen, ragen rohe Betonskelette, Unkraut wuchert auf Sandhaufen. In Merirahu geht derzeit nicht viel. Kein Wunder, Estlands Immobilienblase ist geplatzt. Um über 40 Prozent ist der Wert der Transaktionen von Grundstücken im zweiten Quartal zurückgegangen. Die Krise hat selbst die wohl teuerste Wohnlage des Landes erreicht.

Estland – einst gefeierter Superstar unter Osteuropas aufstrebenden Wirtschaften – steckt in der Rezession. Um 1,4 Prozent schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt im zweiten Quartal des laufenden Jahres gegenüber dem Vorjahreszeitraum, dabei hatte das Land noch 2007 mit mehr als sieben Prozent Wirtschaftswachstum abgeschlossen. Jetzt aber liegt die Bauwirtschaft darnieder. Die Inflation kletterte mittlerweile auf über elf Prozent – eine der höchsten Raten der EU.

Es ist der Kater nach der Party: Ende der neunziger Jahre hatte die Baltenrepublik eine Aufholjagd sondergleichen gestartet. Das nahe, technikbegeisterte Finnland stand Vorbild. Tallinn computerisierte den Geldverkehr, stellte die Verwaltung auf das Internet um. In Kaufhäusern und Kinos bezahlten die Esten per SMS. Sogar Wahlen entscheiden sie per E-Mail am Computer. Als E-Stonia wollte das Land international bekannt werden.

Nach fast 50 Jahren staatlicher Planung setzten die Regierungen in Tallinn dabei auf marktradikale Methoden: Die Kündigungsfristen wurde teilweise auf bis zu einen Monat geschrumpft, das Einkommenssteuersystem auf einen einheitlichen Satz von derzeit 22 Prozent vereinfacht. Und jahrelang bestätigten die traumhaften Wachstumsraten den Kurs der Regierung.

Folgen einer nicht vorhandene Industriepolitik

Doch jetzt geraten die Marktmethoden immer mehr in die Kritik. Zu den Skeptikern gehört Rainer Kattel. Zum Gespräch trifft er sich gerne im “Pegasus”. Das Restaurant in der malerischen Tallinner Altstadt ist mit Designmöbeln eingerichtet. Hier sitzen Gewinner, sie schlürfen leichten Weißwein aus Italien zu Tunfisch-Steak im Wasabi-Mantel. Die Preise gleichen denen in westlichen Metropolen. Kaum irgendwo lässt sich der Wandel von sozialistischem Muff zu kapitalistischem Glamour besser bestaunen.

Kattel ist 34 Jahre alt und Professor an der Tallinner Technischen Universität, er trägt dekorativ zerrissene Jeans und Sommerschlappen. Es waren ganz junge Leute, die das Land nach dem Kommunismus wieder aufgebaut haben. Noch heute gehören in den Führungsetagen der Unternehmen und den Ministerien 40-Jährige zu den Älteren. Kattel kann die Misere in wenigen Sätzen analysieren: “Wir haben es uns zu einfach gemacht, nur liberalisiert statt eine strategische Industriepolitik zu betreiben”, sagt er.

Estland hatte enorme Investitionen ins Land gelockt. Skandinavier kauften vor allem Banken und Immobilien auf. So kam viel Geld herein. Begeistert hätten sich die Esten in den Konsum gestürzt – den sie auch noch auf Pump finanzierten. Das hätte Wachstum erzeugt, das aber leider nicht nachhaltig gewesen sei, sagt Kattel. Nun fehlt es dem Land an Substanz. Estland produziert und exportiert zu wenig. “Wir waren besoffen von unserem Erfolg und dachten, es geht ewig so weiter”, analysiert der Fachmann.

Als billiger Produktionsstandort für westliche Konzerne hat sich die 1,4-Millionen-Republik nie so gut geeignet wie beispielsweise die Slowakei – schließlich liegt Estland so weit in Richtung Sonnenaufgang, dass die Ostsee hier Westmeer genannt wird. Ohnehin sind estnische Arbeitskräfte schon lange nicht mehr billig. Um 30 Prozent wuchsen die Löhne in einigen Bereichen allein in den vergangenen drei Jahren.

Der jähe Absturz kam, als die US-Bankenkrise auch Europa erfasste, als die steigenden Öl- und Lebensmittelpreise die Inflation anheizten. Innerhalb weniger Wochen brach das Konsumentenvertrauen der Esten zusammen. Sie hielten fortan lieber ihr Geld zusammen, statt sich Wohnungen oder Autos zu leisten. Der Immobilienmarkt und die Baubranche – Estlands wichtigste Wachstumsmotoren – stockten.

Die Politik reagiert nach bewährter Methode: Demnächst sollen die direkten Steuern noch weiter gesenkt und die Kündigungsfristen auf bis zu zwei Wochen reduziert werden. Dabei – so meint nicht nur Kattel – hätte Estland in Bildung investieren müssen. Statt ausschließlich auf ausländische Geldgeber zu setzen, hätte die Regierung einheimische Unternehmer und ihre Ideen mit Starthilfen oder Lohnzuschüssen stärker fördern sollen.

Und so ist die IT-Firma Skype die einzige globale Erfolgsgeschichte, des Zwerglandes, das so gerne ein Hightech-Riese sein möchte. Skype stellt im Internet ein Programm zu Verfügung, mit dem PC-Besitzer umsonst und mit Bild weltweit mit anderen PC-Nutzern telefonieren können. Gebühren kassiert Skype nur für Telefonate in die normalen Festnetze und zu Mobiltelefonen. Bei 338 Millionen Nutzern der Software reicht das für einen Umsatz von 136 Millionen Dollar im zweiten Quartal 2008.

“Das Wahnsinnswachstum hat Estland faul gemacht”

Skype residiert etwas außerhalb der Innenstadt, direkt neben der Technischen Universität hat die Firma ein paar nüchterne Büroetagen gemietet. Rund 300 Leute sind hier beschäftigt. Vor dem Eingang drängeln sich Mountainbikes im Fahrradständer, die Sekretärinnen duzen Gäste und führen durch die Gruppenbüros, die allein mit Flachbildschirmen und vereinzelten Pflanzen möbliert sind.

Sten Tamkivi, der Generalmanager für Estland und den weltweiten E-Commerce, trägt T-Shirt und Shorts. Er ist gerade 30 geworden: “Wir brauchen hier die Besten der Besten, und es wird immer schwieriger, neue Leute zu finden.” Insgesamt arbeiten in der estnischen IT-Branche gerade mal 10.000 Leute, schätzt Tamkivi. Das ist nicht viel für ein Land, das seine Wirtschaft auf Hightech gründen will.

Die Liberalisierungen der vergangenen Jahre seien richtig gewesen. Doch laut Tamkivi hätte die Politik dafür sorgen müssen, dass noch mehr Spezialisten an estnischen Universitäten heranwachsen. Dazu hätten die Hochschulen reformiert und üppiger mit Geld ausgestattet werden müssen. Es sei fast unmöglich für Skype, ausländische Experten ans Westmeer zu locken. Doch die Regierenden blieben fast untätig: “Das Wahnsinnswachstum hat Estland faul gemacht”, sagt Tamkivi.

 

 

Von Jan Puhl

Roddick eine Runde weiter

Andy Roddick hat sich selbst das schönste Geburtstagsgeschenk gemacht und die dritte Runde der US Open in New York erreicht. Der Lokalmatador gewann mit 3:6, 7:5, 6:2 und 7:5 das Duell der Geburtstagskinder gegen Ernests Gulbis aus Lettland.

Novak Djokovic aus Serbien setzte sich mit 7:6 (8:6), 6:4, 6:4 gegen den Qualifikanten Robert Kendrick aus den USA durch.

Der Russe Marat Safin unterlag Tommy Robredo aus Spanien 6:4, 6:7 (4:7), 4:6, 0:6.

Von neun gestarteten deutschen Herren erreichte keiner das Achtelfinale.

Russland international isoliert

1289913832-g7-verurteilen-vorgehen-kaukasus Moskau (dpa) – Russland bleibt im Kaukasus-Konflikt international isoliert. China und mehrere Staaten Zentralasiens verweigerten am Donnerstag Russlands Präsidenten Dmitri Medwedew eine demonstrative Unterstützung für die Anerkennung der von Georgien abtrünnigen Provinzen Südossetien und Abchasien.

Lediglich das eng mit Moskau verbündete Weißrussland stellte eine Anerkennung der von Georgien abtrünnigen Regionen Abchasien und Südossetien in Aussicht. Die anderen in der Shanghaier Kooperationsorganisation (SCO) zusammengeschlossenen Staaten forderten bei einem Treffen in Tadschikistan eine stärkere Einbindung der Vereinten Nationen. Die höchsten Gremien der UN und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) berieten über die Lage im Kaukasus.

Der Moskauer Regierungschef Wladimir Putin warf den USA eine Manipulation des Kaukasus-Konflikts vor. Die Regierung des republikanischen Präsidenten George W. Bush habe Georgiens Führung dazu ermuntert, Südossetien anzugreifen, sagte Putin dem US-Sender CNN in Sotschi. Dies sei geschehen, um einem Präsidentschaftsbewerber zu nützen, zitiert der Sender Putin auf seiner Internetseite. Für das Amt des US-Präsidenten kandidieren der Republikaner John McCain und für die Demokratische Partei Barack Obama. Putin nannte in dem Interview aber keinen Namen.

Der UN-Sicherheitsrat kam zu einer ersten Dringlichkeitssitzung über die Kaukasus-Krise zusammen. Georgien hatte das höchste UN- Gremium um Hilfe gebeten. Bisher war der Sicherheitsrat wegen der aktiven Rolle Moskaus in dem Konflikt handlungsunfähig. Russland gehört zu den fünf ständigen Ratsmitgliedern und kann mit seinem Vetorecht jede Entscheidung blockieren. Die Aussichten für eine gemeinsame Resolution wurden deshalb als äußerst gering eingeschätzt.

In Wien beriet der Ständige Rat der OSZE über den andauernden Konflikt. Georgiens Außenministerin Eka Tkeschelaschwili machte Russland in ihrer Rede heftige Vorwürfe: «Das Territorium, das in der Sowjetzeit als Südossetien bekannt war, ist komplett von Überresten georgischer Bevölkerung gesäubert worden», sagte die Ministerin vor dem höchsten Exekutivgremium der OSZE. Der finnische Vertreter Antti Turunen sagte nach dem Treffen, sein Land verhandele als amtierender OSZE-Vorsitzender zurzeit über die Bedingungen für die Aufstockung bei der Zahl der derzeit 120 OSZE-Beobachter im Konfliktgebiet.

Die NATO wies russische Bedenken gegen ein Manöver des Nordatlantischen Bündnisses im Schwarzen Meer zurück. Dies habe nichts mit dem Konflikt um Georgien zu tun, hieß es in Brüssel. «Die Entsendung ist Routine und wurde vor mehr als einem Jahr geplant.» Vier NATO-Schiffe, darunter auch die deutsche Fregatte «Lübeck», sollten an Übungen mit bulgarischen und rumänischen Einheiten im Schwarzen Meer teilnehmen.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) warnte vor einem Flächenbrand im gesamten Kaukasus. Deshalb müsse jetzt alles getan werden, um die Lage in Georgien wieder zu beruhigen, sagte er. Bis zu einer politischen Lösung in dem aktuellen Konflikt zwischen Russland und Georgien würden vermutlich Jahre vergehen. Er hoffe, dass es mittelfristig gelinge, an die auch von Deutschland vorgelegten Lösungsvorschläge anzuknüpfen.

Am Montag treffen sich die Staats- und Regierungschefs der EU in Brüssel zu einem Sondergipfel über den Kaukasus-Konflikt. Nach Informationen der polnischen Zeitung «Dziennik» will Polens Präsident Lech Kaczynski dabei für Sanktionen werben – so solle es keine Visa- Erleichterungen für russische Bürger geben, auch sollten keine Abkommen mit Moskau geschlossen werden, solange der Kreml die Anerkennung der von Georgien abtrünnigen Provinzen nicht rückgängig macht. Kaczynski sucht Unterstützung bei den früheren Sowjetrepubliken Litauen, Lettland und Estland. Dafür wollte er sich am Donnerstagabend in Estlands Hauptstadt Tallinn mit seinen baltischen Kollegen treffen.

Ob es in Brüssel um Sanktionen gegen Russland gehen wird, blieb unklar. Der französische Außenminister Bernard Kouchner dementierte Berichte, denen zufolge er sich für Strafmaßnahmen ausgesprochen haben soll. Kouchner habe lediglich erklärt, dass Frankreich als EU-Ratspräsident eine gemeinsame Position anstrebe, wenn manche Sanktionen in Betracht zögen, erklärte das Außenministerium in Paris.

Polens Präsident berät sich vor EU-Gipfel mit baltischen Staaten

Warschau (dpa) – Der polnische Präsident Lech Kaczynski will sich vor dem EU-Sondergipfel zum Kaukasus-Konflikt mit den baltischen Staaten abstimmen. Kaczynski werde sich in Vilnius und Tallin mit Präsidenten oder Regierungschefs von Litauen, Lettland und Estland beraten. Das berichtete die Polnische Nachrichtenagentur PAP. Ziel der Gespräche sei die Festlegung eines gemeinsamen Standpunktes vor dem EU-Gipfel am kommenden Montag in Brüssel.

Frankreich bringt EU-Sanktionen gegen Moskau ins Spiel

Paris/Tiflis (AP) Die Europäische Union erwägt im Kaukasus-Konflikt Sanktionen gegen Russland. Die EU denke derzeit über diesen Schritt nach, sagte der französische Außenminister Bernard Kouchner am Donnerstag vor Journalisten in Paris. Noch vor wenigen Tagen hatte die Regierung in Paris diese Möglichkeit von sich gewiesen. Georgien warf Russland vor, alle Georgier aus der abtrünnigen Region Südossetien vertrieben zu haben. In den sogenannte Pufferzonen würden die Vertreibungen fortgesetzt, sagte Außenministerin Eka Tkeschelaschwili.

Für Montag hat Paris zu einem Krisengipfel nach Brüssel eingeladen, bei dem die Staats- und Regierungschef der EU darüber beraten wollen, wie sie in dem Konflikt mit Russland weiter vorgehen wollen. Frankreich hat derzeit den EU-Ratsvorsitz inne. Russland hatte am Dienstag die abtrünnigen georgischen Republiken Abchasien und Südossetien als unabhängig anerkannt und damit den Konflikt mit dem Westen weiter angeheizt.

Die georgische Außenministerin Tkeschelaschwili erklärte in Wien bei der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), alle Georgier seien aus ihren Häusern in Südossetien vertrieben worden. Verantwortlich seien die russischen Truppen und mit ihnen verbündete Milizen. Der russische OSZE-Gesandte Anwar Asimow sagte, es gebe keine Beweise für ethnische Säuberungen in Südossetien oder Abchasien. Kouchner hatte schon am Mittwoch angedeutet, Russland vertreibe Georgier aus Südossetien.

Russland ließ unterdessen zwölf georgische Soldaten frei, die vor rund zwei Wochen bei den Kämpfen in Poti festgenommen wurden. Die Übergabe erfolgte an der Grenze zwischen Abchasien und Georgien. Die Soldaten schienen wohlauf zu sein.

Inmitten der Georgien-Krise findet derzeit im Schwarzen Meer ein Flottenmanöver der NATO statt, an dem vier Schiffe, darunter auch die deutsche Fregatte «Lübeck», beteiligt sind. Das Manöver sei eine Routineangelegenheit, seit langem geplant und habe nichts mit der aktuellen Krise im Osten des Schwarzen Meeres zu tun, teilte das Militärbündnis am Donnerstag mit und wies damit Kritik aus Russland zurück. Die Schiffe aus Deutschland, den USA, Spanien und Polen befinden sich den Angaben zufolge derzeit in Konstanza in Rumänien und werden gemeinsam mit rumänischen und bulgarischen Schiffen üben. Geplant ist außerdem ein Besuch der bulgarischen Hafenstadt Warna.

Asiatische Partner erteilen Russland Abfuhr

Russland ist mit seinem Vorgehen in Georgien auch bei seinen asiatischen Partnern in der Shanghaier Kooperationsorganisation (SCO) auf Ablehnung gestoßen. Bei ihrem Gipfeltreffen in Duschanbe verabschiedeten die Präsidenten aus sechs asiatischen Staaten am Donnerstag eine entsprechende Erklärung. Der russische Präsident Dmitri Medwedew hatte zuvor für einmütige Unterstützung für das russische Vorgehen gegen die, wie er sagte, «georgische Aggression» geworben. China zeigte sich besorgt über die Entwicklung in Südossetien und Abchasien und rief alle Beteiligten zum Dialog auf.

Die Parlamentspräsidenten acht nordischer und baltischer Staaten verurteilten am Donnerstag die Anerkennung der abtrünnigen Provinzen durch Russland. Dieser Schritt sei ein Verstoß gegen Resolutionen des UN-Sicherheitsrats, erklärten die Parlamentspräsidenten aus Norwegen, Schweden, Finnland, Dänemark, Island, Estland, Lettland und Litauen.

Georgien hatte am 8. August eine Offensive in der abtrünnigen Region Südossetien gestartet. Russland hatte mit einer großen Militärintervention reagiert und war mit Panzern und Truppen tief in georgisches Gebiet vorgestoßen.

Baltikum fordert offenbar NATO- Verteidigungsplan

Berlin (AFP) – Unmittelbar vor dem Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im Baltikum werden dort Klagen über einen mangelhaften Militär-Schutz durch die NATO laut. Das berichtet die “Bild”-Zeitung unter Berufung auf Regierungskreise. Demnach beklagt besonders der estnische Präsident Toomas Ilves intern, dass die NATO keinen fertig ausgearbeiteten Verteidigungsplan für das Baltikum habe. Somit wären Estland, Lettland und Litauen einem möglichen russischen Angriff schutzlos ausgeliefert, befürchtet die Führung Estlands, in dem knapp jeder Dritte Bewohner russischstämmig ist.

Merkel reist heute nach Schweden und ins Baltikum. Erste Station ist Stockholm, wo Merkel mit Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt zusammentrifft. Zudem hält die Kanzlerin eine Rede vor der deutsch-schwedischen Handelskammer. Am Dienstag reist Merkel zu Gesprächen mit der estnischen Regierung nach Tallinn weiter. Letzte Station ist Litauen, wo die Kanzlerin am Dienstagabend unter anderem mit Staatspräsident Valdas Adamkus sprechen will. Ein zentrales Thema wird der Konflikt im Kaukasus sein. Daneben geht es um Fragen der Europapolitik.

Russland will Ostsee-Flotte mit Atomwaffen bestücken

Bahnt sich hier eine neue Ost-West-Konfrontation an? Russland will seine Ostsee-Flotte mit Atomsprengköpfen bestücken – zum ersten Mal seit dem Ende des Kalten Krieges.

Die russischen Atompläne seien eine Reaktion auf die Pläne der Amerikaner für einen Raketenschutzschild in Europa, berichtet die „Sunday Times“. Demnach könnte Russland seine U-Boote (Archivfoto oben) in der Ostsee, aber auch Schiffe und Kampfjets der baltischen Flotte mit Atomwaffen ausstatten.

Die Ostsee-Flotte sei seit dem Ende des Kommunismus vernachlässigt worden. „Das wird sich jetzt ändern“, sagte ein ranghoher Militär der „Sunday Times“: „Angesichts der amerikanischen Entschlossenheit, ihr Raketenschutzschild in Europa zu installieren, werden in Moskau alle Pläne überarbeitet, um Washington eine angemessene Antwort zu geben.“

Der US-Botschafter bei der Nato, Kurt Volker, verurteilte die jüngsten russischen Drohungen.

Gerade erst hatte Moskau Polen mit einem Atomschlag gedroht, nachdem sich Warschau und die USA auf den Aufbau eines Raketenschutzschilds geeinigt hatten.

Jetzt die nächste Drohung: Russische Atomwaffen in der Ostsee – direkt vor den Küsten der EU.

Das Bernsteinmuseum

Das Bernsteinmuseum in Kaliningrad ist ein der einzigartigen Museen dieser Art, ähnliche Museen gibt es nur in Klaipeda und Palanga (Litauen). Die ganze Exposition des Museums ist nur einem wunderschönen Stein gewidmet und zwar dem Bernstein. Es ist kein Wunder, denn es gibt im Kaliningrader Gebiet etwa 90 % der Vorräte von diesem Mineral.
Das Museum wurde 1979 gegründet. Sein Hauptgebäude ist der Turm des 19. Jahrhunderts, der früher zum System der Königsberger Verteidigungsbefestigungen gehörte. Die Exposition des Museums, ungeachtet ihrer „Bernsteineinseitigkeit“, ist höchst vielfältig und interessant. Nur Steine mit Insekten und Teilen der Pflanzen der uralten Epochen gibt es hier über 1000 Stück.
Auch können Sie im Museum Erzeugnisse aus Bernstein besichtigen, ältesten von denen man zur Steinzeit zurechnet. Besonders hervorragende Ausstellungsgegenstände sind die von deutschen Meistern in der 18. und 19 Jahrhunderten hergestellte Juwelierwaren. Man glaubt, dass eben diese Zeitperiode die Blütezeit der Bernsteinkunst war.

Nebenbei gesagt, befand sich früher ein Teil der Exposition des Museums einschließlich der Werke der deutschen Meister in Rüstkammer des Kremls, eines der bekanntesten Museen von Russland, und später wurde dem Bernsteinmuseum als eine Gabe übergeben.
Unter den interessantesten Ausstellungsgegenständen sind die rekonstruierten Elemente des berühmten Bernsteinzimmers zu erwähnen. Das Zimmer wurde während des zweiten Weltkrieges von Faschisten gestohlen. Und wo es sich heute befindet, ist leider immer noch unbekannt.
Im Museum gibt es auch Ausstellungsgegenstände der modernen Kunst z.B. von Malern aus Ländern des Baltikums, Sankt-Petersburg und Kaliningrad geschaffenen Skulpturen und Schmucksachen aus Bernstein.
Adresse des Bernsteinmuseum:

Kaliningrad, Platz Plostschadj Wasilewskogo 1
Telefon: + 7 (4012) 46-1563

Estland erwägt Grand Prix-Boykott

Dima Bilan

Nun überschattet die politische Lage auch die Welt der Popmusik: Im Baltikum denkt man darüber nach, den Eurovision Song Contest in Moskau zu boykottieren. Auch eine Alternativ-Veranstaltung in Estland wird erwogen.

Wegen der russischen Einsätze im Georgien-Krieg erwägt Estland, nicht am Eurovision Song Contest in Moskau teilzunehmen. Auch Litauen und Lettland sollen bei dem Boykott mitmachen. Die georgische Kulturministerin Laine Janes schlug am Donnerstag eine entsprechende «Geste der Solidarität» mit Georgien durch die drei ehemaligen Sowjetrepubliken vor.

Wie die österreichische Zeitung «Die Presse» berichtete, wolle sie die Entscheidung aber nicht überstürzen und sich zunächst mit den Musikern sowie den Verantwortlichen des Estnischen Radios (ERR) beraten. Der nächste Eurovision Song Contest findet im Mai 2009 in Russland statt.

Nur eine «Haltungsdemonstration»

Rundfunkchef Margus Allikmaa sagte der baltischen Nachrichtenagentur BNS, er wünsche sich zu dem Thema eine «öffentliche Debatte» mit dem Publikum und Vertretern der Unterhaltungsindustrie. Eine mögliche Nicht-Teilnahme sehe er nicht ausdrücklich als «Boykott» an: Sie sei lediglich eine «Haltungsdemonstration» zu den Ereignissen in Georgien.

Im Gegensatz zu Janes möchte Allikmaa eine schnelle Entscheidung herbeiführen, weil im Falle einer Teilnahme schon bald die Vorbereitungen für die Musiker beginnen müssten. Im Falle einer Absage könne eine eigene Alternativ-Veranstaltung in Estland in Erwägung gezogen werden, so der Radiochef.

Dass die Russen im kommenden Jahr das größte Musikevent der Welt – mit Zuschauern sogar in Kanada und Australien – ausrichten, haben sie ihrem Popstar Dima Bilan zu verdanken. Er hatte im Mai in Belgrad mit der Ballade «Believe» den Sieg und damit die Austragung des Wettbewerbs nach Russland geholt. Damit findet nach Estland, Lettland und Ukraine der ESC zum vierten Mal in einer früheren Sowjetrepublik statt. (nz)

Strabag rittert um 345-Millionen-PPP-Autobahn in Riga

Der 345 Millionen-€-Auftrag für Bau und Erhaltung der Ringautobahn von Riga steht vor Vergabe. Strabag ist einer der Bieter.

Baukonzern Strabag SE ist im Rennen um Rigas erstes Private-Publik-Partnership (PPP)-Straßenprojekt. Es geht bei der Ausschreibung für die Riga-Ringroad-Senite um Bau einer Autobahn und deren Servicierung, d.h. um den Erhalt der Straße für die Dauer von 24 Jahren.

Das Projektvolumen beträgt 345 Millionen €.
Laut Sprecherin des für die Ausschreibung zuständigen Verkehrsministeriums sind fünf Bieterkonsortien im Rennen, wobei das Interesse internationaler Baufirmen weitaus größer ist als das der lokalen Player.
Die Strabag SE tritt im Konsortium mit ihrer deutschen Tochter Strabag AG an und hat weiters unter anderem die Investmentgesellschaft John Laing Investments Limited an Bord.

Weitere Bieter sind der portugiesische Baukonzern Mota-Engil, der  zusammen mit dem Investmenthaus Aureus Kapitals ein Konsortium gebildet hat. Die deutsche Baugesellschaft Hochtief tritt mit ihrer Tochter Hochtief PPP Solutions an und die italienische Impresa hat mit Infrastrutture Lavori Italia ein Konsortium gebildet.
Einziger lokaler Bieter ist der Baukonzern Kauno Tiltai, der sich mit weiteren lokalen Firmen zusammengeschlossen hat.

Baltikum-Offensive

Die Strabag war bisher im Baltikum wie im gesamten nordeuropäischen Raum nur wenig aktiv. 2007 und vor allem heuer wurden allerdings einige erste Offensiven gestartet.  Hintergrund ist die ambitionierte Russland-Expansion des Konzerns, in die die Ukraine und das Baltikum miteinbezogen werden. Laut Strabag-Boss Hans Peter Haselsteiner sind neben Russland auch im Baltikum und der Ukraine Firmenkäufe geplant.

Erste Schritte im Sinne dieser Expansion waren etwa die Übernahme der Baufirma Möbius im September 2007. Die deutsche 500-Mitarbeiter-Firma ist in Litauen, der Ukraine und Schweden sehr aktiv. Weiters hat Strabag laut lokalen Zeitungen ein Auge auf eine der größten Baufirmen Lettlands geworfen. Die Firma „8 CBR“ ist auf Straßen- und Brückenbau spezialisiert und außerdem im Asphalt und Betonbereich tätig. Und  mit der russischen Immofirma Oktkrytie sind in Riga Wohnbauten geplant.

von Irina Frühmann

Bild: Strabag-Boss Hans Peter Haselsteiner expandiert im Baltikum