von Oliver Weiss
Wählen per Mausklick wird in Österreich frühestens in zehn Jahren möglich sein. Obwohl die Rahmenbedingungen für E-Voting in Österreich laut einer internationalen Studie (E-Voting Readiness Index – ERI) des Competence Center for Electronic Voting and Participation (E-Voting.CC) gut sind, gibt es noch zu wenig Erfahrungswerte mit elektronischen Wahlen. Wissenschaftsminister Johannes Hahn will zwar noch bis Oktober per Verordnung die ÖH-Wahlordnung so ändern, dass die nächsten HochschülerInnenschafts-Wahlen im Juni 2009 bereits teilweise auf E-Voting basieren werden. Gegen diese Pläne läuft die ÖH allerdings Sturm.
Abgesehen von der Stimmabgabe ist das Prozedere rund um Wahlen und die Verwaltung in Österreich bereits stark von Informationstechnologie unterstützt. Bei Bundeswahlen werden die Landesergebnisse durch ein eigens entwickeltes System ins Innenministerium übermittelt, die Wählerevidenzen sind digitalisiert in den Gemeinden gespeichert. Sowohl Hochrechnungen als auch die Umrechnung des Wahlergebnisses in Mandate geschehen bereits computergestützt. Im Bereich der Verwaltung bietet Österreich viele Behördengänge schon über das Internet an, dieses Angebot wird auch stark angenommen.
E-Voting.CC hat im Rahmen des ERI 31 Länder, darunter alle EU-Mitgliedsstaaten sowie die Schweiz, Russland, die USA und Venezuela in Hinblick auf ihre E-Voting Tauglichkeit nach rechtlichen, politischen, gesellschaftlichen und technischen Gesichts-punkten untersucht und bewertet. Österreich belegt unter den EU Ländern den vierten, weltweit den sechsten Platz hinter der Schweiz, den Niederlanden, Estland, den USA und Großbritannien, das die höchste Indexzahl aufweist. “Die Rahmenbedingungen für E-Voting in Österreich sind sehr gut. Im Unterschied zu den Top fünf der Welt in dieser Studie hat Österreich noch keine rechtsgültigen Wahlen mit elektronischen Mitteln durchgeführt und dennoch einen guten Platz erreicht”, so Robert Krimmer, Gründer und Direktor von E-Voting.cc. Im Teilbereich Recht erreicht Österreich ebenso den sechsten Rang, das Wahlsystem hingegen die volle Punkteanzahl. Der zweite Platz wird belegt, wenn es um das Ranking der Informationssysteme geht. Grund dafür ist die Tatsache, dass das Wählerregister zwar noch dezentral, aber bereits elektronisch geführt wird, sowie auch die eingeführte Digitale Signatur und die Bürgerkarte. Die Verbreitungsrate von Computern ist mit sechzig Prozent hoch, die Verbreitung von Handys erreicht sogar mehr als hundert Prozent. Online Shopping und e-Government Lösungen werden im Vergleich zu anderen Ländern von Österreichern ebenso überdurchschnittlich häufig verwendet. “Unserer Studie nach zeichnet sich unser Land durch eine stabile Demokratie aus, leichte Punkteabzüge gibt es auf Grund von Schwankungen in der Stabilität der politischen Parteien”, so Krimmer.
Krimmer rechnet trotzdem nicht mit einem Einsatz von E-Voting bei Bundes- oder Landeswahlen in den nächsten zehn Jahren. Das Problem sei, so Krimmer, dass Österreich noch über keine Erfahrung mit E-Voting verfüge, diese müsste erst durch Körperschaftswahlen (Arbeiterkammer, ÖH und andere) erarbeitet werden. In einem Zeitraum von drei bis 4 Jahren könnte man genug dieser Wahlen durchführen um genug Wissen zu sammeln, dann könnte in der darauf folgenden Legislaturperiode die Gesetze verabschiedet werden. Somit könnte, laut Krimmer, die Wahl nach den nächsten zwei Legislaturperioden, also in zehn Jahren, bereits eine E-Voting Wahl werden. Momentan gibt es durch die Verfassung keine Rechtsgrundlage für E-Voting. Das gilt sowohl für Wählen über das Internet mit Registrierung durch die Bürger-Card (E-Card) als auch für Wahlterminals in den Wahllokalen.
E-Voting.CC ist ein Kompetenzzentrum für elektronische Wahlen und Partizipation und beschäftigt sich seit 2006 mit Beratung, Begleitung, Durchführung und unabhängiger Beobachtung elektronischer Wahlen auf der ganzen Welt. In Österreich ist ein vorrangiges Ziel die Schaffung einer Kommunikationsplattform rund um das Thema E-Voting und die Organisation der alle zwei Jahre stattfindenden Konferenz zu diesem Themenbereich. Die Konferenz findet von 6. bis 9. August 2008 bereits zum dritten Mal statt. Hundert geladene Experten und interessierte Personen aller fünf Kontinente werden anwesend sein. Siebzehn Beiträge wurden mittels eines doppelblinden Auswahlfahrens aus über dreißig Einreichungen gewählt und werden auf der Konferenz den Teilnehmern präsentiert.
Die hochkarätigen Vortragenden rekrutieren sich weltweit und sind alle durchwegs in Forschung und Praxis angesiedelt. Die Themen reichen von Erfahrungen mit E-Voting über empirische Studien und rechtlichen und prozessualen Themen über Möglichkeiten der Verifikation und Zertifizierung von Wahlsystemen bis zu technologischen und politischen Themenbereichen in Zusammenhang mit E-Voting. Die Konferenz ist damit die weltweit umfassendste zum Thema und hat mittlerweile einen festen Platz im Konferenzkalender vieler Teilnehmer eingenommen. Die Ergebnisse der vorgestellten Studien werden in einem Sammelband der Reihe GI-Edition zusammengefasst und publiziert.
Auf der Konferenz werden zudem die Gewinner des ersten Europäischen E-Voting Wettbewerbs vorgestellt. Um die Entwicklung des Internets voranzubringen hat E-Voting.CC im Jänner 2008 mit Unterstützung der Internet Privatstiftung Austria diesen Wettbewerb ins Leben gerufen. Ziel ist es, der Zivilgesellschaft und der Internet Comunity ein Open Source Tool zur freien Verwendung und zur Weiterentwicklung zur Verfügung zu stellen, um damit kleinere Wahlen, etwa für Vereine, abhalten zu können. Krimmer dazu: “Wir möchte die Diskussion über Wahlsysteme fördern, konkrete Lösungsmöglichkeiten für Vereine anbieten und auch Praxisbeispiele abseits der rechtsgültigen Wahlen aufzeigen. Dies ist ein nächster, notwendiger Entwicklungsschritt des Internet 2.0 in Richting Zukunft”.
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